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Ursprünge der Disziplin
Gegenstand: narrative Texte
Herangehensweise
Anhang
Beispieltext "The Flowers"
Bibliographie
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Ursprünge der Disziplin
Der Begriff 'Narratologie' wurde 1969 von Tzvetan TODOROV geprägt und schnell von einflussreichen Literaturwissenschaftlern übernommen. Der damit bezeichnete Ansatz
erfreut sich seit den 1970er Jahren unverminderter Popularität. Seine Wurzeln sind vielfältig und können bis zu den ersten erzähl- und gattungstheoretischen Konzeptionen
von ARISTOTELES und PLATO zurück verfolgt werden (vergl. ONEGA 13, 23;
JAHN N2.1.4). Dieser kurze Überblick beschränkt sich jedoch auf wichtige neuere Einflüsse, die
entscheidend zum Entstehen der Narratologie beigetragen haben.
Linguistische Theorien Ferdinand de SAUSSUREs (ca. 1910)
Eingeführt wird die Unterscheidung zwischen sprachlichem Zeichen ('signifier', bzw. das Bezeichnende) und der von ihm bezeichneten Sache ('signified', bzw. das
Bezeichnete). Die Beziehung zwischen beiden, so SAUSSURE, sei dabei willkürlich. Mit anderen Worten: die jeweilige Bedeutung eines Zeichens ergibt sich nicht automatisch
aus der realen Sache heraus. Sie entsteht vielmehr erst durch den Akt des Bezeichnens und nur in Relation zur Bedeutung anderer (ähnlicher) Zeichen. SAUSSURE
schlussfolgerte daraus, dass es sich bei der Sprache um ein eigenständiges System handele, dessen Struktur - unabhängig von den Beziehungen zur bezeichneten Welt - zu
untersuchen sei (vergl. EAGLETON 74-75; BARRY 41ff).
Russischer Formalismus (1920er)
Elemente der SAUSSURE'schen Linguistik werden aufgegriffen und für die Literaturwissenschaft nutzbar gemacht (ONEGA 23).
Wesentliche formalistische Konzepte, wie z. B. die Abgrenzung des narrativen Inhaltes ('fabula', 'story', die Bedeutung) von der Darstellung ('syuzhet', 'discourse', die Form) wurden
später von den Narratologen übernommen. Die Aufmerksamkeit der Formalisten lag dabei stets auf der narrativen Form, dem Diskurs, den sie in seine formalen sprachlich-stilistischen
Elemente zerlegten, um deren Funktion zu untersuchen (ONEGA 23, JAHN 30,
EAGLETON 3). Die Formalisten (z. B. SHKLOVSKI, PROPP und TOMASHEVSKI) ebneten somit den Weg für eine Literaturwissenschaft,
die literarische Textgattungen systematisch analysiert.
Französischer Strukturalismus (1950er, 1960er)
Der Strukturalismus geht auf die Arbeit SAUSSUREs und der Formalisten zurück. Literatur wird als ein komplexes, konstruiertes Zeichensystem verstanden, dessen grundlegende
Strukturen und Muster zu erarbeiten sind. Hieraus entsteht schliesslich, auch durch eine Beschränkung des Untersuchungsgegenstandes auf erzählende Gattungen, die neue
Disziplin der Narratologie. Als ihr Kernstück gelten nach wie vor die Werke strukturalistischer Literaturwissenschaftler wie Roland BARTHES, Gérard GENETTE, Mieke BAL und
Gerald PRINCE - auch wenn die Narratologie heute längst nicht mehr nur formalistisch-strukturalistische Ansätze umfasst (vergl. ONEGA 1;
BARRY 41, 44).
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